Unsere Rede auf der Lautstark-Tanzdemo vom 17.08

Screenshot von der Lautstark-Facebook Page https://www.facebook.com/lautstark.gegen.rechts/?hc_ref=ARQSWv1URhWuSU00Wg_-iQZ50N6nk7q3Isw1E2SvZpJKpJ2yuDmQF7jbuuB0eP_Y3wA

Im Folgenden dokumentieren wir unsere Rede auf der Lautstark gegen Nazis-Tanzdemo am 17. August in Frankfurt:

„Wir haben uns heute hier getroffen, um ein Zeichen gegen Nazis zu setzen. Lasst uns einen Moment über Nazis reden. Lasst uns auch darüber reden, warum wir, wenn wir von Nazis reden, auch vom Staat sprechen müssen. Warum? Viele haben die Vorstellung haben, dass Rassismus etwas ist, was einfach so bei manchen Idioten von innen heraus entstehen kann. Vielleicht aus psychologischen Gründen, nicht genug Liebe von Mutti oder so ähnlich. Kann es auch vielleicht. Am Beispiel des NSU lässt sich aber hervorragend aufzeigen, wie es überhaupt erst dazu kommt, dass wir ständig mit hoch organisierten Faschisten konfrontiert sind. Und es lässt sich hervorragend aufzeigen, wie der NSU ohne den Staat nicht möglich gewesen wäre:

 

Was war der Nationalsozialistische Untergrund?

Der NSU ist ein Terrornetzwerk, bei dem Nazis zwischen 2000 und 2007 neun Migranten und eine Polizistin umbrachten, drei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle verübten.

Das Gerichtsverfahren dazu ging vor kurzem zu Ende, Komplizen bei den rassistischen Morden bekamen niedrigere Strafen, als Flaschenwerfer auf der G20 in Hamburg. Natürlich führte das zum Jubel der anwesenden Faschos im Gerichtssaal.

7 Zeugen sind in dem Prozess, oft einen Tag vor ihrer Aussage, gestorben. Nach offiziellen Angaben weil sie unentdeckte Krankheiten wie Diabetes hatten oder Selbstmord begangen. Die Ermittlungen waren geprägt von Manipulation und Beweismittelzerstörung. Akten vom Verfassungsschutz zum NSU wurden letzten Monat für 120 Jahre unter Verschluss gestellt. Was wird der staatliche Geheimdienst für Informationen haben, von denen er der Meinung ist, dass 4 Generationen sie nicht mitbekommen dürfen?  Es war ein Prozess, der zu viel mehr Fragen führte, als Antworten.

Für investigative Journalisten war sehr schnell klar, dass der NSU anders als bei der offiziellen Darstellung aus einer handvoll Leute bestand. Schnell kam raus dass der Ursprung des NSU darauf zurück zu führen ist, dass der thüringer Verfassungsschutz den Neonazi Tino Brandt über 7 Jahre hinweg mit insgesamt 200.000€ unterstütze. Daraus entwickelte er die faschistische Untergrundorganisation „Thüringer Heimatschutz“, woraus später der NSU wurde. Deutsche Sicherheitsbehörden versorgten ihren Trupp mit Waffen, Sprengstoff und falschen Pässen, so hatten sie beispielsweise militärischen Sprengstoff, welcher nur von einem Bundeswehrlager stammen konnte. Wie kamen die da ran? Warum werden solche Terrorzellen aufgebaut und finanziert? Solche Fragen waren nie Teil des Prozesses, die wirklichen Schuldigen nie auf der Anklagebank.

Alle politischen Parteien haben die Rolle des Staates relativiert, in dem von „Pannen“ und „Ermittlungsfehlern“ gesprochen wurde. Man zerstört nicht ausversehen ALLE Beweismittel in einem Prozess, schließt nicht ausversehen die restlichen Informationen für 120 Jahre weg und lässt auch nicht ausversehen die Zeugen sterben, die dazu noch etwas sagen könnten.

Auch Teile der Linken haben Fehler gemacht, in dem sie solche kritischen Fragen als Verschwörungstheorien abstempelten. Auch schön klingende Parolen wie „Das Problem heißt Rassismus!“ sorgen für falsches Bewusstsein. Man kann so vielleicht einen rassistischen Mord erklären. Was ist aber mit dem institutionellen Schutz der Täter über Jahre hinweg?

Der NSU ist kein Einzelfall und auch nichts Überraschendes. Sowohl der Verfassungsschutz, als auch der Bundesnachrichtendienst, sowie der Militärgeheimdienst MAD wurde von führenden Faschisten aufgebaut und besetzt. Für Westdeutschland blieb nach dem zweiten Weltkrieg der Hauptfeind der Sozialismus, der Staat hat diese Leute in Vergangenheit und Gegenwart gerne genutzt, weil sie überzeugte Antikommunisten sind.

Der NSU ist nicht das einzige Terrornetzwerk, welches die BRD aufgebaut hat. Unter NATO Koordination entstanden in Europa sogenannte Gladio Strukturen. Die waren nicht nur dafür zuständig, revolutionäre Arbeiterbewegungen zu bekämpfen, sondern haben auch Anschläge auf Zivilisten in Italien verübt, um sie anschließend Kommunisten in die Schuhe zu schieben und den Abbau von Bürgerrechten zu legitimieren. Die waren aber damals nicht so schlau mit der Sperrung der Akten, in den 90ern ist das öffentlich geworden.

In Deutschland wurden solche Organisationen z.B. als der Bund Deutscher Jugend in den 50ern oder als die Wehrsportgruppe Hoffmann in den 70ern bekannt. Das ist jedoch nicht alles Geschichte, so eine Scheiße läuft jetzt gerade immer noch. Über 400 Nazis sind nach offiziellen Zahlen derzeit untergetaucht. Alte militante Faschostrukturen wie Combat 18 sind sich wieder am organisieren. Die Polizei ist dabei auf dem rechten Auge blind.

 

Damals und heute ist das Ausmaß von rechter Gewalt und von der Organisierung der Strukturen nicht denkbar, wenn es nicht staatlich finanziert wird und die Medienkonzerne den Tenor für diese Stimmung bieten. Wir sind es nicht, die von Spaltung und Hass profitieren. Davon profitieren nur die, die sie nutzen, um dafür zu sorgen, dass die kapitalistischen Verhältnisse so bleiben, wie sie sind. Es profitieren nur die, die Kriege führen wollen, Bürgerrechte einschränken.

Wenn wir also wirklich Nazis und Rassismus bekämpfen wollen, dann reicht es nicht wenn wir in uns selbst hinein schauen; wir müssen auf die herrschenden in unserem System blicken. Zwangsläufig, das zeigt sowohl die aktuelle Lage als auch unsere Geschichte, sind wir mit Staat und Kapital konfrontiert, wenn wir die Konfrontation mit Nazis suchen.

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